Bob-Pilot Francesco Friedrich hätte es verdient. Er wäre sicherlich ein würdiger „Sportler des Jahres“. Kein Athlet dominiert seit Jahren so sehr seinen Sport, beherrscht die Konkurrenz dermaßen überwältigend wie der 30-Jährige.
Im gerade zu Ende gefahrenen Weltcup-Winter gewann der Sachse 15 der 16 Rennen. Unangefochten die Einzel-Wertungen im 2er-, 4er-Bob und natürlich das Gesamt-Klassement. Bei der Weltmeisterschaft triumphierte er in jedem der vier Läufe mit Bestzeiten - im kleinen und großen Schlitten. Seit Jahren rast der akribische Arbeiter so unangefochten voran. Ist ein wahrer Champion. Denn er wiederholt seine Erfolge. Verteidigt seine WM-Titel. Seit 2013 siegt er im 2er. Im 4er seit 2017. Francesco Friedrich eilt von Rekord zu Rekord, weil er der komplette Pilot sein möchte, der in jedem Bereich der Beste ist. Als Athlet Schnellster am Start. Als Steuermann mit den siegbringenden Kursen im Eiskanal. Als Tüftler, der die Konstrukteure immer wieder inspiriert, das Sportgerät ständig weiter zu entwickeln. Als Kapitän, der seine Crew, die Anschieber Alexander Schüller, Thorsten Margis, Candy Bauer und Martin Grothkopp vorantreibt, sich nicht zufrieden zu geben mit den gewonnenen Medaillen.
Der nächste Erfolg ist der Wichtigste. Vor allem, wenn man schon alles gewonnen hat. Mehrmals. „Wir suchen immer nach Reserven und achten dabei auf jedes Detail. Wahrscheinlich sind wir in dem Punkt gründlicher als andere Teams“, sagt Francesco Friedrich. Sein rastloses Streben macht ihn zum „King of Bob“, wie ihn die „Neue Zürcher Zeitung“ einst krönte. Ein Jahrhundert-Talent für Gerd Leopold. Der Trainer ist ähnlich erfolgsbesessen. Er machte aus dem sportlichen Muster-Schüler den großen Meister-Piloten. Wenn sich solch Unermüdliche zusammentun für den gemeinsamen Erfolg, ist der programmiert. Zumal Friedrich fast ungebremst arbeiten kann für seine Perfektion. Verschont von langwierigen Verletzungen. Begleitet seit Jahren von derselben Mannschaft, die harmoniert in jeder Hinsicht.
Obwohl er sportlich über allen anderen trohnt, hebt er nicht ab. Ist beliebt in der Familie der BobfahrerInnen. Setzt sich als Athletensprecher für sie ein. Hat dabei den Fortschritt der Sportart insgesamt im Blick. „Es dient dem Bobfahren nicht, wenn wir in Deutschland mit unseren technologischen Möglichkeiten und der staatlichen Förderung in einer eigenen Liga fahren und damit unerreichbar für die anderen Nationen. Wir brauchen spannende Wettkämpfe mit vielen Athleten auf Spitzen-Niveau.“ Deshalb unterstützt der Meister auch den talentierten Nachwuchs. Spendete nach den Olympischen Spielen 2018 dem Österreicher Benjamin Maier mehrere Hundert Euro, damit der einen Mindest-Betrag von Sponsoren-Geldern bekam. Diese Summe war notwendig, damit Maier von der Sporthilfe seines Landes gefördert werden kann. 2022 will der Pilot aus Innsbruck Olympiasieger im 4er-Bob werden. Dann auch seinen Förderer überholen. Francesco Friedrich stört das nicht. Im Gegenteil. Maiers Verfolgsjagd motiviert ihn zusätzlich. Jede Hundertstel, die der Jäger dichter an den Gejagten herankommt will der doppelt wieder davonfahren.
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