Boris Herrmann und die Sportler­wahl

Ein Segler als „Sportler des Jahres“? Absolut unvorstellbar – oder eben nicht. Im Jahr 1964 hatte es Willi Kuhweide aufs Treppchen geschafft. Platz 3, nach einem Olympiasieg und seinem EM-Titel im Finn-Dinghy. Erlebt die 75. Wahl in diesem Jahr die ganz große Welle? Einhandsegler Boris Herrmann gehören seit Wochen die Schlagzeilen. Und vielleicht ist es gerade der unglückliche 5. Platz am Ende der Regatta Vendée Globe, der den Hamburger auf eine besondere Stufe stellt.

Nach 80 Tagen auf See stoppte ein spanischer Trawler die Fahrt, die durchaus zum Sieg hätte führen können, des 39-Jährigen in seiner Rennyacht Seaexplorer. Seither rätselt die gesamte nautische Welt wie auch die unzähligen neuen Bewunderer wie dieses Malheur hatte passieren können. Aber allein die Art und Weise, wie der Debütant bei dieser härtesten Segel-Prüfung der Welt das Schicksal kommentierte, adelt ihn. Er berichtete den scharenweise in den Hafen von Sables d’Olonne gereisten Medienvertretern über die Herausforderungen auf See, die Einsamkeit, die Hilfsaktion für einen Konkurrenten, die fast täglichen Dramen an Bord – wie er schon unterwegs eine sagenhafte Kommunikation gepflegt hatte. Mit selbstgedrehten Filmen, beim (kargen) Mittagstisch oder Reparieren - während den Zuschauern selbst in der Ferne der Atem stockte. Weil die Seaexplorer gleichzeitig von Wellen attackiert wurde, in Schräglage durch die Ozeane pflügte.

Herrmann meldete sich vom Kap Hoorn, ließ sich zur Berliner Silvesterparty zuschalten. Und alle staunten, wenn er berichtete, kaum je länger als 15 Minuten zu schlafen. Wie ist das möglich? Bien, es siegte wieder ein Franzose, aber in Deutschland, wahrlich keine typische Segel-Nation, geriet dank Boris Herrmann zeitweise selbst die Pandemie in den Hintergrund. Wenn man Neuigkeiten vom Weltumsegler ins Wohnzimmer transportiert bekam. Würde morgen die Wahl „Sportler des Jahres“ anstehen: Boris Herrmann könnte das Rennen machen. Als erster Segelsportler in der 1947 erstmals durchgeführten Umfrage. Auf die Kandidatenliste aber hat „unser neuer Boris“ als Fünftplatzierter es längst geschafft. Wie die Süddeutsche Zeitung relativiert: „Sieger sind die überlegenen Sportler, Verlierer oft die interessanteren.“  

Bild: picture alliance

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Winter-Weltmeisterschaften

Die nächsten Winter-Highlights stehen bevor: alpine Ski-Weltmeisterschaften in Cortina, nordische Spiele in Oberstdorf, Biathlon-WM in Pokljuka/Slowenien. Auch Bobfahrer und Skeletoni (in Altenberg) sowie die Rodler - am Königssee - treffen sich zum Showdown in einer ungewöhnlichen Saison. Zuschauer werden nirgendwo zugelassen sein. Höchst bedauerlich, denn der deutsche Sport könnte einen Medaillenregen erleben. Auf dem Schlitten ist Natalie Geisenberger wieder die Nummer 1. Bei den Männern bleibt der Konkurrenz angesichts von Felix Lochs Siegesserie nur noch die Resignation. Francesco Friedrich dürfte im Zweier- und Viererbob wohl auch mit nur einer Kufe gewinnen. Die Skispringer um Geiger und Eisenbichler fliegen wieder vorne mit. Ein WM-Potpourri der glänzenden Art steht bevor. Mit heißen Kandidaten für die Wahl „Sportler des Jahres“ im Dezember 2021.   

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Starke Schräglage

Anna Seidel und die gesamte Shorttrack-Szene gehörten zu den Extremgeschädigten der Pandemie. Die letzte WM im Spätwinter 2020 abgesagt – und sämtliche Weltcups des Winters 2020/2021 gecancelt. Die Dresdnerin, deutsche Vorzeige-Kurvenflitzerin, die sich eigentlich in den USA von einer Verletzung (beim Heimweltcup) wieder in Form bringen wollte, kam sich zuhause manchmal wie eingesperrt vor. Ihre Antwort: drei EM-Medaillen bei den kontinentalen Titelkämpfen in Danzig. Silber über „ihre“ 1500 Meter und im Mehrkampf, Bronze im 1000-m-Rennen. Und das dank taktisch meisterlichen Schräglagen – ein Comeback nach Maß für die 22-Jährige, die schon zweimal an Olympischen Spielen teilnahm.

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Glänzende Wintersportler

Wer könnte eine wichtige Rolle bei der 75. Wahl „Sportler des Jahres“ spielen? Auf jeden Fall bringen sich die Wintersportler früh in Position – auch wenn sie ihre Meriten ohne Zuschauer und Fans eher still einheimsen. Beispiel I: Natalie Geisenberger gelang am Königssee der 50. Weltcupsieg, der erste nach ihrer Baby-Pause. Mit dem Schlitten geht auch Felix Loch magistral um – sein siebter Coup im siebten Rennen. Beispiel II: Francesco Friedrich dominiert weiter, ob im kleinen oder großen (Vierer)-Bob. Chapeau für mittlerweile 48 erste Plätze im Weltcupkanal. Beispiel III: Joel Dufter, ein Novize in dieser Liste, kämpfte erst für seinen entlassenen Coach und holte dann völlig überraschend EM-Bronze im Eisschnelllauf-Mekka Heerenveen (Sprint-Vierkampf). Der 25-jährige Inzeller sorgte dafür, dass die deutsche Kufen-Zunft durch sportliche Erfolge in den Fokus rückt.
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