Ohne Seil und Gurt: Hannah klettert und klettert nach oben

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Eigentlich wollte sie vor Jahresfrist nur nach Hause, sich ausschlafen und darauf hoffen, “dass die Haut an den Händen nachwächst.“ Ersteres dürfte Hannah Meul inzwischen nach ihrer Silbermedaille bei den European Championships geschafft haben. Ob die Haut an den Händen der „Newcomerin des Jahres“ 2022  wirklich nachgewachsen ist, das ist zumindest in Zweifel zu ziehen.

Denn bei bis zu 30 wöchentlichen Stunden reinen Kletter-Einheiten, ohne die Power-Sessions an den Studiogeräten, dürften die Chancen ihrer „zarten weiblichen“ Hände auf völlige Regeneration überschaubar sein. So viel nämlich, erzählte uns die glückliche Gewinnerin der GlücksSpirale-Zusatzlotterie „Die Siegerchance“, absolviere sie im Moment permanent.

Und warum diese ständige Quälerei“? Klar, die 21jährige Boulderin hat ein großes Ziel und das lautet „Olympische Spiele 2024“ in Paris. Wir erwischten Hannah vor wenigen Tagen, kurz bevor sie sich auf nach Augsburg zu den Deutschen Meisterschaften machte. Die wird sie in diesem Jahr nicht in Angriff nehmen, weil sie aufgrund des großen Zieles Olympia ihren Fokus anders setzen musste.

„Im Klettern ist das für Uneingeweihte ein bisschen schwierig mit dem Reglement des Qualifyings für die Spiele“, gibt sie selbst zu. Um aber gleich hinzu zufügen: „Ich schätze meine Situation realistisch ein und glaube, dass ich gute Chancen habe, dabei zu sein.“ Nur die 20 Besten beiderlei Geschlechtes dürfen in der französischen Hauptstand in der Kletterhalle an die Wand. „Ich dürfte bisher genügend Punkte bei den Events gesammelt haben, um eine gute Ausgangsposition zu haben.“

Der Titel als Newcomerin des Jahres, verbunden mit jeweils 8000 Euro für die Athletin und deren Heimatverein, habe ihr und ihrem Sport bei der Professionalisierung gut getan. „Klettern erlebt einen Boom momentan. Leider haben wir nicht genügend Hallen, damit Top-Athletinnen und Athleten individuell auf höchstem Niveau trainieren können.“ Die „Spritze“ der Siegerchance habe „bei der Professionalisierung unseres Sports“ jedenfalls viel Positives bewirkt. Ihr Studium hat sie im Moment der Olympia-Vorbereitung völlig untergeordnet.

Um dort das Maximale zu erreichen. Und in Baden-Baden bei der Gala „Sportler des Jahres“ wieder einmal im Rampenlicht zu stehen.

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Ironman Hawaii: Historisch, dramatisch, tränenreich

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Anne Haug lag minutenlang ausgepowert auf dem roten Teppich hinterm Ziel, Lucy Charles-Barclay hatte bei der Siegerehrung sichtlich Mühe, normal zu gehen und benötigte Hilfe, um die Treppenstufen hinaufzukommen – und Laura Philipp musste nach dem ersten Jubel, den Tränen des Glücks und der Zeremonie auf dem Podium gar ihre Teilnahme an der Sieger-Pressekonferenz absagen. Nichts ging mehr. Die drei Profi-Triathletinnen hatten alles aus ihrem Körper herausgeholt und ein eh schon historisches Ereignis mit ihren Leistungen nicht nur geadelt, sondern für weitere Einträge in die Geschichtsbücher gesorgt.

Die Bühne gehörte auf Big Island den Frauen: Es war das das erste reine Frauen-WM-Rennen Hawaiis, nachdem Ironman die Rennen der Männer und Frauen zeitlich und örtlich getrennt und sich Sam Laidlow vor einem Monat in Nizza vor Patrick Lange zum Champion gekrönt hatte. Nun lagen alle Blicke auf dem besten Frauen-Profifeld aller Zeiten und mehr als 2100 Altersklassen-Athletinnen. Und die Frauen nutzten ihre Bühne perfekt, allen voran die Britin Lucy Charles-Barclay, die nach vier zweiten WM-Plätzen erstmals triumphierte. Dahinter jubelten Anne Haug und Laura Philipp.

Nach 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen stellte Charles-Barclay in 8:24:31 Stunden einen neuen Streckenrekord auf. Schon 2019 war sie als Führende in den Marathon gegangen, am Ende aber siegte Anne Haug überlegen. Auch dieses Mal legte die Bayreutherin auf der Laufstrecke ein unglaubliches Tempo hin und verbesserte sich dadurch von Rang sieben auf zwei (8:27:33).

Der Abstand auf die Britin war mit mehr als zwölf Minuten allerdings zu groß. Neun davon machte Haug gut, lieferte in 2:48:23 Stunden die schnellste Marathonzeit, die je eine Frau innerhalb eines Ironman geschafft hat. Ihr WM-Medaillensatz ist nun komplett: ein Sieg, dreimal Bronze – und jetzt Silber. „Ich bin überglücklich“, sagte die 40-Jährige, „und ich freue mich riesig für Lucy und für Laura.“

Erstmals überhaupt standen bei einer Ironman-WM zwei deutsche Frauen auf dem Podium. Für die 36 Jahre alte Philipp war es nach zwei vierten Rängen der so erhoffte Sprung in die Top drei. Und der war hart erkämpft: Nach mehr als sieben Minuten Rückstand beim Schwimmen fuhr sie stark auf dem Rad, ging als Dritte auf die Laufstrecke, lag dann aber nach Haugs Überholvorgang auf Rang vier. Vor ihr Taylor Knibb (25) aus den USA. Der Vorsprung schmolz, aber zu langsam. Philipp kämpfte, und als die Amerikanerin dann die Kräfte verließen, zog sie kurz nach Kilometer 38 vorbei. Im Ziel, nach 8:32:55 Stunden, formte sie mit ihren Fingern ein Herz. „Es war sehr emotional, ich bin unendlich dankbar“, sagte sie.

Bei der Siegerehrung im Anschluss schien noch alles gut, später aber musste die Heidelbergerin dem Rennen Tribut zollen. Sie sei kollabiert, berichtete Philipp bei Instagram. „Leider bin ich zwei Stunden nach dem Zieleinlauf im Medizinzelt geendet.“ Das Feiern aber wollte sie nachholen.

Zu Hause in Deutschland jubelte ein Trainer: Dan Lorang, Coach des Radteams Bora-hansgrohe, betreut auch Lucy Charles-Barclay sowie Anne Haug und feierte somit einen Doppelsieg.

Bild: Die Siegerinnen des Ironman: Anne Haug, Lucy Charles-Barclay und Laura Philipp (von links nach rechts) © Frank Wechsel / spomedis

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Lukas Dauser – WM-Krönung nach langem Tief

Erst vor sechs Wochen war „Luki“, wie ihn alle nennen, wieder voll ins Training eingestiegen – ein langwieriger Muskelbündelriss an der Schulter hatte den 30-Jährigen monatelang behindert, und er konnte lange nicht richtig an die Geräte. Deshalb war er auch gezwungen, die Europameisterschaften im April im türkischen Antalya und die „Deutschen“ im Juli in Düsseldorf abzusagen. Jetzt landete er in Antwerpen den ganz großen Coup: Lukas Dauser wurde Weltmeister am Barren. Nach einer exzellenten Übung schrie der für den TSV Unterhaching startende Sportsoldat der Bundeswehr seine Freude lauthals heraus und jubelte ausgelassen. Beim Siegerinterview „störte“ sein Freund Fabian Hambüchen – er gewann bei den Welttitelkämpfen 2007 in Stuttgart am Reck die letzte WM-Goldmedaille für den Deutschen Turner-Bund – und brachte ihm einen Becher mit Bier.

„Ich freue mich riesig für ihn, das ist einfach unglaublich schön, toll für ihn und wichtig fürs deutsche Turnen“, so der Wetzlarer, zweifacher „Sportler des Jahres“. WM-Gold am Barren für einen deutschen Turner durfte zuletzt 1985 in Montreal gefeiert werden, als der Cottbusser Sylvio Kroll einen kompletten Medaillensatz – Gold am Barren, Silber am Reck und Bronze mit der Riege der DDR – geholt hatte. „Fabi“ Hambüchen hatte die weltmeisterliche Barren-Übung von Dauser in der Halle verfolgt und zollte dem 30-Jährigen für dessen Leistung Respekt. „Der Typ hat die Nerven behalten, hat sich von Wettkampf zu Wettkampf gesteigert, und das war heute seine beste Barren-Übung“, lobte der Reck-Olympiasieger von Rio 2016.

Lukas Dauser turnte im Finale voll auf Angriff und lag am Ende mit 15,400 Punkten vor dem Chinesen Shi Cong (15,066) und dem Japaner Kaito Sugimoto (15,000). Er hatte bei seinen Auftritten in Antwerpen bis dahin die jeweils höchsten Wertungen aller Starter erhalten, aber dennoch die Favoritenrolle stets von sich gewiesen: „Im Finale sind acht Leute, die besten acht Leute auf der Welt an diesem Gerät, und wir sind alle nur einen halben Punkt auseinander. Jeder kleine Fehler kann entscheidend sein.“ Der sicher gestandene Abgang, ein Doppelsalto mit halber Schraube, besiegelte seinen Sieg und war der Beginn verdienten Jubels – von Lukas Dauser selbst, aber auch von Teamkameraden – die deutsche Mannschaft hatte sich zuvor bereits für Olympia 2024 in Paris qualifiziert – sowie der gesamten DTB-Abordnung. Für die Sportler-Gala am 17. Dezember in Baden-Baden gab Luki spontan seine Zusage.

Bild: picture alliance

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Zeidler reif für die Geschichtsbücher

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Der Triumph ist fast ein bisschen untergegangen, aber manchmal kann man sich den Zeitpunkt seines Erfolges eben nicht aussuchen.  Oliver Zeidler schaffte an jenem Tag bei den Ruder-Weltmeisterschaften Historisches, an dem Hansi Flick als Bundestrainer der Fußball-Nationalmannschaft entlassen wurde und die Basketballer WM-Gold holten und hatte medial etwas das Nachsehen. Geärgert hat er sich nicht im Schatten gestanden an jenem Wochenende. Er sei gewohnt, sagte. Sein Sieg in Belgrad ist deshalb ja nicht weniger wert.

„Es ist schon eine große Ehre“ als erster deutscher Ruderer, bei drei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften Gold im Einer gewonnen zu haben, gab der 27-Jährige aus Schwaig bei Erding in Oberbayern zu. 2019 in Linz triumphierte er zum ersten Mal, 2020 und 2021 fielen die Titelkämpfe wegen der Pandemie aus, 2022 im tschechischen Racice holte er sein zweites Gold und nun war er auch in Serbien nicht zu schlagen. Zeidler ist nun bei den Olympischen Sommerspielen in Paris im kommenden Jahr der Top-Favorit

„Das, was ich jetzt erreicht habe, ist für die Geschichtsbücher“, sagte er ein paar Tage nach seiner Gold-Fahrt in einem „Spiegel“-Interview. „Ich bin sehr stolz.“ Zeidler bezeichnete das Finale in Serbiens Hauptstadt als „eines der härtesten und emotionalsten Rennen meines Lebens“.

Dabei hat er in seiner immer noch nicht sehr langen Ruder-Karriere – der frühere Schwimmer wechselte erst 2017 ins Skiff – schon eine Menge anspruchsvolle und schwierige Regatten hinter sich. Während es für ihn bei den Welt-Titelkämpfen immer nach Plan lief, sind ihm bei anderen großen Wettkämpfen schon ein paar Malheurs passiert.  Bei den European Championships vor gut einem Jahr wollte er in seinem „Wohnzimmer“, der Olympia-Regattastrecke in Oberschleißheim, Gold gewinnen. Er war der große Favorit, aber er hatte sich, seinem Körper nach einer Corona-Infektion zu viel zugemutet. Sein Plan, der Konkurrenz früh zu enteilen und den Vorsprung ins Ziel zu bringen, ging nicht auf. Er brach ein, und ein Verfolger nach dem anderen überholte ihn.  Am Ende gab es Blech statt Gold.

2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio trat er in blendender Form hat, aber scheiterte im Halbfinale am Schiebewind und einer Seitenwelle, die ihn erwischte. Dass er das B-Finale danach gewann, war nur ein schwacher Trost.

Zeidler, im Rahmen der Gala „Sportler des Jahres“ 2019 als „Newcomer“ ausgezeichnet, hat gelernt aus den Niederlagen, kommt mit Schiebe-, Seiten- und den für Ruderer schwierigen Rückenwind nun besser zurecht. Mit Blick auf Olympia gibt es trotzdem noch einiges zu tun, weiß Zeidler. Man habe bei der WM gesehen, „dass die anderen hinten raus noch einmal ranfahren können“, sagt er. Doch erst einmal ging es nach der WM für den früheren Leistungsschwimmer in einen wohlverdienten Urlaub, in dem er auch hochhinaus wollte. Er bestieg den Kilimandscharo.

Bild: picture alliance

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