„Küken“ Linn: Purzelbaum ins Gold-Glück

„Echte Linngucker“, „Linn-Win-Situation“, „Absoluter Wahn-Linn“ – es schien, als hätte das Team D nur auf Linn Kazmaier gewartet, um die Medaillensprüche auf ein neues Level zu heben – und um „Linn und weg“ zu sein von der Leistung der 15-Jährigen.

Die jüngste deutsche und die zweitjüngste Athletin überhaupt bei den Paralympics in Peking schlug vor Freude über die starken Wettkampftage, die sie mit ihrem Guide Florian Baumann in Zhangjiakou hatte, erstmal einen Purzelbaum im Zielraum. Sie habe von einer Medaille geträumt, „irgendwann mal mit 20 oder so.“ Aber dass es jetzt in fünf Rennen drei Silber-, eine Bronze- und zum Abschluss noch eine Goldmedaille im Para Langlauf und Para Biathlon wurden, „damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.“

Kazmaier, die wegen einer angeborenen Zapfendystrophie und einem Nystagmus nur verschwommene, wackelnde Bildersieht und immer eine Sonnenbrille tragen muss, ist ein echtes Juwel. Nicht nur im Wintersport, sondern auch in der Para Leichtathletik. Schon bei der WM in Lillehammer im Januar ließ sie aufhorchen. Als Sechste im Para Biathlon-Sprint und auf der Mitteldistanz musste sie jeweils nur fünf Athletinnen aus Russland den Vortritt lassen. Doch dass sie als beste Nicht-Russin der WM nach deren Ausschluss auch in Peking triumphieren würde, konnte anhand der starken Konkurrenz nicht geschlussfolgert werden – aber eben auch nicht ausgeschlossen. „Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein“, hatte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher nach Kazmaiers erster Medaille frohlockt: „Was steckt in diesem Mädchen für eine Kraft, ein Wille und auch ein Naturtalent.“

Mit acht Jahren stand Kazmaier erstmals auf Langlauf-Ski. Mit 15 Jahren und vier Monaten ist sie die jüngste deutsche Medaillengewinnerin bei Winterspielen. Es wäre „kein Beinbruch“ gewesen, wenn es kein Gold geworden wäre, sagte Kazmaier, nachdem sie über 10 Kilometer in der freien Technik mit Baumann der immer stärker nachlassenden Konkurrenz davongezogen war: „Ich bin noch so jung und habe so viel Zeit.“ 39,5 Sekunden Vorsprung im Ziel waren dann deutlich – auch weil die Renntaktik aufging: „Es war mit dem langsamen Schnee viel extremer, kräftezehrender. Wir haben die Chinesin kontinuierlich eingeholt, dann überholt und das war das Erfolgsrezept.“

Kazmaier, das ließ sie durchblicken, findet alles noch „krass und unwirklich“. Tage mit Medaillen seien stressig, überforderten sie aber nicht. In all dem Trubel war der „akribischen und disziplinierten“ Athletin, die „immer cool bleibt“, wie Baumann sagt, auch ihr Guide wichtig. "Er kann sich sehr gut in Menschen reinversetzen und weiß, was ich brauche“, sagt sie über Baumann, der bei den Spielen selbst erst 21 wurde: „Er kann mich sehr gut motivieren, das hört man in der letzten Runde immer.“

Bild: Ralf Kuckuck / DBS

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.