Eishockey: Blickpunkt Helsinki und Füssen

Das deutsche Eishockey schrieb wieder Schlagzeilen. Bundestrainer Söderholms Puckjäger sorgten bei der WM für die beste Vorrunde ever – und scheiterten dann im Viertelfinale der WM. 2018 hatte die DEB-Vertretung den Titel „Mannschaft des Jahres“ errungen, seither gehören die Cracks zur Weltklasse. Aber die Szene blickte nicht nur nach Finnland – der heimische Stützpunkt in Füssen, häufig Trainings-Zentrum der Hockey-Zunft, drohte nach einem Unwetter förmlich unterzugehen.

Björn Schultheiß fliegt die Arbeit deshalb nur so um die Ohren. Als Leiter des Bundesstützpunktes für Eishockey und Curling waren er und sein Mitarbeiterteam darauf vorbereitet, dass es ein Frühjahr und Sommer mit reichlich Stress bevorsteht. Weil nach dem vorläufigen Ende der Pandemie zahlreiche Weltmeisterschaften und Turniere nachgeholt werden sollen, war klar: 2022 wird die Eisbereitung unter der berühmten Füssener Holzkuppel ein Dauerbetrieb. Alles schien geregelt: Trainingslager wurden mit den Verbänden vereinbart, Anfragen von Eishockey-Vereinen aus der Umgebung in den Belegungsplan mit eingearbeitet.

Dann hätte ein heftiges Unwetter zu Wochenbeginn, das über dem Ostallgäu mit Platzregen und 2-Euro-großen Eiskörnern niederging, beinahe alle Pläne zerhagelt. Es waren dramatische Minuten für Schultheiß, der mitansehen musste, wie die Wassermassen in die Sportstätte drangen. An einer Tür zum Technikraum stand das Wasser fast zwei Meter hoch. Von innen filmte Schultheiß, wie das Wasser durchs Schlüsselloch drang. Weil die Zentimeter hohe Hagelschicht rund ums BLZ (wie die Füssener das ehemalige Bundesleistungszentrum am früheren Kobelhang immer noch abkürzen) alle Abwasserschächte verstopft hatte, stieg der Pegel immer weiter. Auf Anraten der Feuerwehr wurde die komplette Anlage vom Strom genommen.  Auch wenn die Feuerwehren schnell mit dem Abpumpen begonnen hatten, das Wasser fraß sich durchs ganze Gebäude. Durch Technik- und Materialräume, sogar auf die Eisfläche der Arena drang das Nass.

Nach tagelangen Aufräumarbeiten sagt Schultheiß: „Der Sport ist mit einem blauen Auge davongekommen“. Nur einen Tag musste er die Anlage sperren, dann lief die Eisbereitung wieder, am Donnerstag konnten die U18-Eishockey-Frauen des DEB bereits wieder trainieren. Doch das mit dem blauen Auge musste Schultheiß nach bei einer genaueren Inspektion korrigieren: Das Auge sei jetzt, „dunkelblau“, nachdem er zusammen mit den Planern eines Ingenieurbüros das Dach begutachtet und massive Hagelschäden an der Außenhaut des Daches, einer speziellen PVC-Folie, festgestellt hätten. „An manchen Stellen ist das löchrig wie Schweizer Käse.“ Plötzlich drohte auch noch das Eindringen von Regenwasser von oben.

Vier Tage nach der Fast-Katastrophe blickt der 50-jährige gebürtige Karlsruher, der seit 2020 den Bundesstützpunkt leitet, dennoch mit Zuversicht nach vorn. Das Dach werde provisorisch abgedeckt, Gutachter müssten den genauen Schaden ermitteln – und dann müssten parallel zum Sportbetrieb nicht nur die aktuellen Schäden behoben, sondern auch dringend notwendige Sanierungsarbeiten angegangen werden. „Unser Ziel ist es, den Bundesstützpunkt in den nächsten Jahren auch energetisch auf den neuesten Stand zu bringen.“  Ob mit Blockheizkraftwerk, Photovoltaik, Biogas-Anlage - Schultheiß muss derzeit nicht nur den Sport managen. Er weiß um die Sonderstellung, die der Stützpunkt bundesweit hat. „Nicht auszudenken, wenn uns die Technik kaputtgegangen wäre. Fürs Eishockey und Curling hätte es vermutlich verheerende Konsequenzen gehabt“, weil es derzeit keine Alternative zu Füssen gäbe. Die Halle in Garmisch ist wegen des bevorstehenden G7-Gipfels seit Monaten gesperrt.

Doch jetzt zeigt der Daumen wieder (vorsichtig) nach oben. Die guten Nachrichten aus Helsinki können den Move in der Eishockey-Hochburg Füssen weiter voranbringen.    

 

 
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