Kann ein Ringer bei der Wahl „Sportler des Jahres“ seine Mit-Konkurrenten schultern…? Frank Stäbler lächelt: „Wenn ich wieder Weltmeister werde…“, sieht er durchaus Chancen für eine Top-Ten-Platzierung. Trotz eines gewissen Popularitäts-Mankos gegenüber Wintersportlern, Tenniscracks oder Leichtathleten. Also rauf die Matte. Nächste Woche beginnt das nächste Kapitel in der außergewöhnlichen Karriere des 28-jährigen Schwaben aus dem Flecken Musberg bei Stuttgart. 2015 hatte er sich in Las Vegas/USA den WM-Titel gesichert, nach einer irren Abmagerungs-Tortur, als er sich in die 66-kg-Klasse runterhungerte. „Nicht gesund“, wusste Fränky damals wie heute – doch jetzt sind die Vorzeichen günstiger. Er startet in der 71-kg-Kategorie, muss diesmal nur rund 5 kg abspecken. Allerdings seien „70 Prozent“ seiner Rivalen von damals auch „aufgestiegen“. Deshalb ist der Kreis der Titelanwärter enorm groß. „Aber ich konnte schon einmal die Ringerwelt erschüttern“, sagt er sich.
Dabei liegt viel Ungemach hinter dem Mattenfuchs. Beim letzten harten Training vor den Spielen 2016 in Rio verletzte er sich – und kam bei Olympia nur bis in Runde 2. Jetzt erwischte es ihn im Sommer – vier Tage nach der Hochzeit. Aber Frank Stäbler kämpfte sich wieder zurück, bezwang beim Grand Prix in Polen die Weltklasse. Es sei auch tatsächlich ein anderes Gefühl, als Ehemann zu fighten, gibt er Einblicke in sein Innerstes. Er habe die beste Frau der Welt geheiratet – und das verändere einen Menschen. Ja, Fränky – und alle werden dich zur Weltmeisterschaft nach Paris begleitet. Von Stuttgart geht es via TGV an die Seine. Der halbe Verein, die Viertels-Ortschaft: eine echte Stäbler-Exkursion.
Und alle werden bibbern, dass der Körper diesmal den Belastungen standhält. Das ist im Ringen, auch durch neuerliche „kontraproduktive Regeländerungen, mit denen man erst klarkommen muss“ (so Stäbler) – die Bodenlage fällt weg – eine Crux. Obwohl der Weltmeister einwirft, im Fußball sei die Verletzungshäufigkeit höher. „Aber ich verbrauche an einem Tag drei Rollen Tape-Band“, konzediert er. Vieles wird eingepackt, dh. stabilisiert, vor allem das häufig malträtierte Knie.
Aber Bange machen gilt nicht. Schon gar nicht in der Ringer-Hochburg auf den Fildern. Stäbler will bis Tokio 2020 in Aktion bleiben. Weil für ihn blaue Flecken Kriegsbemalung sind. Und er sich in einer „privilegierten“ Situation befindet. Als einzige deutscher Ringer kann er dank Werbeverträgen „auf diesem Level“ von seinem Sport leben. Viel sei in Sachen Förderkonzepten versprochen worden, aber wirklich Konkretes war nicht dabei. Dafür stieg die Bundeswehr als Partner ein. Heißt im Falle eines Erfolges in der französischen Hauptstadt: „Danach eine Woche Flitterwochen und dann zum sechswöchigen Grundwehrdienst nach Hannover.“ Vom möglichen WM-Podest und der Love-Tour also nonstop „auf Stube“.