Sportler des Jahres - März 2019

Felix „Der Glückliche“ macht Halt

Irgendwie müssen Mama Rosi und Papa Christian vor bald 35 Jahren bei der Wahl des Vornamens für ihren damals noch ungeboren Ältesten eine Vorahnung gehabt haben: Felix, zu Deutsch „Der Glückliche“, nannten sie den Buben, der – Stammhalter der Neureuthers von der Winklmoosalm (bei Reit im Winkl) nicht nur das Talent der Eltern auf den alpinen Brettern erbte, sondern auch einen gewaltigen Rucksack in Form des Nachnamens mit auf seine ersten dreieinhalb Lebens-Jahrzehnte bekam.

Wie das so ist bei Töchtern und Söhnen erfolgreicher Eltern. Ob sie nun Schumacher, Beckenbauer oder Neureuther heißen: Der Vergleich mit den Meriten der Vorgänger-Generation, möge er auch noch so sehr hinken, läuft den Erben oft als unverschuldetes Menetekel voraus. Der Name kann oft mehr Ballast als Besitz bedeuten. Doch es geht auch anders rum. Als der Ski-Rennfahrer Felix Neureuther am Sonntag in Andorra zum letzten Mal hinter der Ziellinie eines steilen Slalom-Hangs abschwang, seine Konkurrenten und Kollegen Champagner spritzend auf ihn zu rannten, da wurde bei einem Blick in dessen von Emotionen übermannten Gesichtszüge deutlich: wie anders hätte man diesen Mann vor dreieinhalb Jahrzehnten nennen können, als „den Glücklichen“. Felix halt.

Und doch wird diesen Felix Neureuther, der sich am Sonntag mit den Worten „Bis bald. Ich werd‘ sicher weiter was mit Ski fahren machen“ verabschiedete, ein ewiges Mysterium umgeben: Wie schafft es einer, der zwar in Kitzbühel siegte, Medaillen gewann, aber nie Weltmeister oder Olympiasieger wurde, zu einem der bekanntesten und beliebtesten Vertreter seines Sports zu werden? In 16 Jahren Karriere. Nein, Neureuther war nicht nur das „Gesicht seines“ Sports, des alpinen Ski-Rennfahrens. Kaum einer, der sich auch nur ein bisschen mit dem Sport beschäftigt, der mit seinem Namen nichts anfangen könnte. Warum? Weil er weit mehr war als nur einer, der im Grenzbereich nach Perfektion suchte: Mensch, Sympathie-Träger, offen im Umgang, ob nach Sieg oder Niederlage. Kein „Grantler“ oder „G’spinnerter“, wie man in seiner oberbayerischen Heimat zu sagen pflegt.

Felix war einer mit dem man litt, wenn er mal wieder verletzt war und mit dem man sich überschwänglich freute. Mit dem Gefühle teilen konnte und wollte. So wie vor mittlerweile neun Jahren als er in „Kitz“ – von Papa Christian, der dort 31 Jahre zuvor gewonnen hatte, umarmt - den Sieg am legendären Ganslern-Hang feierte. Ein Rennen, ein Ergebnis, ein Tag, an dem er symbolisch auch den schweren Rucksack mit dem scheinbar erdrückenden Namen Neureuther endlich in den Schnee warf.

Neben einem Titel zwischen den Slalomstangen blieb ihm auch der große Triumph auf der Bühne beim „Sportler des Jahres“ versagt. Was nur bedingt etwas über seine Karriere, aber rein gar nichts über den Typen, den manchmal rotzfrechen und lustigen, erfrischenden, dann wieder impulsiven und nachdenklichen, aber immer gradaus seinen Standpunkt und seine Meinung vertretenden Sohn von Rosi Mittermaier (1976 zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt) und Christian Neureuther aussagt. Aber auch da ist ja das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Dezember kommt ja erst.

In diesem Jahr. Für rund 700 Gäste. Und vielleicht auch für Felix. Den Glücklichen.

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Sieben WM-Medaillen beim Biathlon

Wenn irgendwo zum Ende eines Ski-Winters junge Frauen und Männer, angefeuert und begeistert gefeiert von Tausenden bunt gekleideter und gut gelaunter Fans;  mit umgeschnallten Gewehren auf dem Rücken durch die Loipen fegen, dann ist es mittlerweile schon Tradition, dass die schwarz-rot-goldene Fraktion da ein gewichtiges Wörtchen bei der Medaillen-Vergabe mit zu reden hat.  Egal wann und wo.

Fassen wir die „Herren der Schöpfung“ von Peter Angerer in den 1980er Jahren bis hin zu den Lessers, Peiffers und Dolls dieser Tage einmal en gros zusammen und gewähren den Damen den ihnen gebührenden Aufmerksamkeits-Respekt, so erweist sich: Deutsche Biathletinnen waren (fast) immer diejenigen, die  auf dem rutschigen  Laufsteg zwischen Starthaus, Schießanlage und Ziellinie die berührendsten Geschichten schrieben.

Was mit der Generation Uschi Disl, Andrea Henkel, Kati Wilhelm begann, setzte sich fort über Ausnahme-Erscheinungen wie Magdalena Neuner, Laura Dahlmeier bis zu Denise Herrmann. Die ehemalige Langläuferin, erst seit drei Jahren geschult im Umgang mit der Waffe, war die – so der etwas verstaubt und abgenutzte Begriff – deutsche „Biathlon-Königin“ der am Wochenende im schwedischen Östersund zu Ende gegangenen Weltmeisterschaften. Gold in der Verfolgung, Silber in der Mixed-Staffel und noch einmal Bronze im Schnee-Chaos des Massenstarts: Die 30-Jährige durfte sich zum Abschied einen ganzen Medaillensatz um den Hals hängen. „Ich bin froh, dass mir so eine tolle WM gelungen ist. Da bin ich richtig stolz drauf“, bilanzierte Herrmann.

Sieben Medaillen in 12 Rennen gab es für die deutschen Skijägerinnen und Skijäger. Und mit dem derzeit bei den Herren dominierenden „Flachland-Athleten“ Arnd Peiffer aus Wolfenbüttel wurde immerhin ein zweiter deutscher Athlet einer der Champions von Östersund:  Gold in der Verfolgung, zweimal Silber mit den Teams: das war alles andere als „Harzer Käse“, was Peiffer und mit ihm die deutschen Damen und Herren zum Ende einer strapaziösen Saison im skandinavischen Schneetreiben noch einmal ablieferten.

Wie schon so oft, legten die „Fernseh-Lieblinge“ (keine andere Wintersportart ist so telegen) damit auch den Grundstein für einen Besuch Ende des Jahres in Baden-Baden. Beim „Sportler des Jahres“  tauschen sie – dann aber mit „Klunkern statt Knarre“ um den Hals oder am Handgelenk  – die Loipe mit dem Parkett. Wie immer  garantiert ohne Schneetreiben. Und das Erreichen der (zeitlichen) Ziellinie spielt dann auch keine Rolle mehr. So wie es die Sportlerinnen des Jahres Disl, Wilhelm, Neuner, Dahlmeier und bei den Herren Michael Greis immer wieder gerne vorgemacht haben.

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Tiroler tolle Tage: Von Luftikussen und Kombi-Könnern

Zum Schluss kamen sie aus dem Feiern gar nicht mehr heraus, die Athletinnen und Athleten des Deutschen Skiverbandes: Ob es die „Luftikusse“ waren, die sich von den Bakken der beiden Bergisel-Schanzen aus in die Tiroler Luft schwangen oder die „Brett’l“-Jäger, die ihre zuvor ersprungenen Vorgaben in den Spuren der Arena rund um das malerische Seefeld in Medaillenträume umwandelten: Die zuvor kühnsten Träume der Damen und Herren in schwarz-rot-gold wurden bei den am Sonntag zu Ende gegangenen nordischen Ski-Weltmeisterschaften übertroffen.

Nach Falun 2015, und Lahti 2017 setzten die deutschen „Nordischen“ in den „Tiroler tollen Tagen“ kurz vor Beginn des deutschen Karnevals noch einen drauf. Insgesamt neun Medaillen standen am Ende zu Buche, nachdem der letzte Springer, die letzte Springerin gelandet war und der letzte Läufer,  die letzte Läuferin, erschöpft und ausgelaugt die Ziellinie im Schatten des malerischen Seefelder Kirchleins passiert hatten. Hinter den im Langlauf überragenden Norwegern mit 13 WM-Titeln bedeutete das Rang zwei in der Nationenwertung.

Allein sechsmal Gold, dazu dreimal Silber: das Rekordergebnis von Lahti vor zwei Jahren wurde eingestellt. Skispringer/innen und Kombinierer erwiesen sich als Meister/innen ihres Fachs. Allen voran Markus Eisenbichler. Angereist als scheinbar ewiges Talent ohne einen einzigen Weltcup-Sieg verließ er die Stätte seines persönlichen Triumphes als dreifacher Weltmeister: Einzelsieger von der Großschwanze, Gold mit der Mannschaft und im Mixed.

So ähnlich erging es Eric Frenzel: Der 30jährige Erzgebirgler war mit einer bestenfalls „durchwachsenen“ Saison und vielen Selbstzweifeln nach Innsbruck und Seefeld gekommen. Er sagte schließlich „Servus“ als zweimaliger Weltmeister im Einzel und im Teamsprint. Und die Damen aus dem „Adlerhorst“ von Trainer Andreas Bauer schmückten charmant ihr Federkleid mit goldener Patina.

Rucksack und Ansporn zugleich für die nächsten Wettkämpfe in zwei Jahren in Oberstdorf ist diese Ausbeute. Vorher aber – wetten dass? – machen alle Dekorierten im Dezember dieses Jahres noch schnell einen Abstecher nach Baden-Baden. Dort haben Luftikusse und Kombi-Könner Tradition im Saal und auf der Bühne. Und werden auch ganz ohne Haltungsnoten gefeiert. Und vor Windböen muss sich im und abseits des Benazét-Saals auch niemand fürchten.

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