Ein Speer fliegt nach Tokio
- Publiziert in Sdj News
Ein Speer nach dem anderen fliegt aus dem Eingang der Leichtathletik-Halle ins Freie, auf einen Fußballplatz. Wie ein Stakkato – und meist ist der Adressat Johannes Vetter, der in Offenburg für Olympia trainiert. Da empfand er es als willkommene Ablenkung, den silbernen Pokal für Platz 2 bei der letzten Sportlerwahl ausgehändigt (und natürlich vorher desinfiziert) zu bekommen. Nur Puckjäger Leon Draisaitl hatte beim letzten Votum der Sportjournalisten mehr Punkte erhalten.
Damals hatte sich Vetter mit einem Fast-Weltrekord von 97,76 m zu Wort gemeldet, das hätte in Tokio 2020 mit großer Wahrscheinlichkeit zu Gold gereicht. Ein Jahr danach sieht es ebenfalls gut für den Modellathleten aus. Er habe ein „Pfund vorgelegt“, sagt der 28-Jährige. Und was für eins: 96,29 m während der Team-EM. „Natürlich gibt das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.“ Weitere Starts vor Japan sind in Finnland, Linz und London vorgesehen, das kleine Problem mit den Adduktoren, das eine DM-Teilnahme verhinderte, ist überstanden, sagt der Weltmeister von 2017 – und lässt eine weitere Speer-Salve auf dem Trainingsplatz in der Ortenau folgen.
Läuft bei „JoJo“, der aber anfügt, das „Endlevel“ noch nicht erreicht zu haben. Das soll Anfang August in Tokio gelingen. Er kenne zwar das Stadion nicht, „aber der Belag soll gut sein“. Mitentscheidend für die Speerwerfer –ansonsten seien es kleine Stellschrauben, an den er – zusammen mit Bundestrainer Boris Obergföll – dreht. „Es geht um tausend Dinge, die für einen weiten Wurf in Millisekunden durchgeführt werden müssen. Sagen wir es so: es ist, wie wenn man in der Formel 1 versucht, noch 0,5 oder 1 PS mehr herauszukitzeln.“
Bis September hat er seine Saison im Corona-Jahr II durchgetaktet. Danach wäre der „Sportler des Jahres in Baden die beste Gelegenheit, zu feiern, denn in Tokio wird das kaum möglich sein.“ Übrigens: mit den Regeln vor Ort, beim Training, dem Transport oder der Unterkunft, lässt sich Johannes Vetter nicht ablenken. Das sehe man dann ja. Alle Konzentration gilt dem Speer, der nach Japan fliegt. „Ich trete an, um zu gewinnen. Dann ist es auch egal, ob mit 86 oder 96 Meter.“ Das darf man auch als Antwort auf die von Freaks erhoffte epochale 100-m-Weite verstehen.
Bild: ISK