Sportler des Jahres - März 2022

Abschied von Dieter Gruschwitz

Das „Sportler des Jahres“-Team trauert um Dieter Gruschwitz – und wünscht der Familie viel Kraft in einer dramatischen Situation. Der langjährige Hauptredaktionsleiter Sport des ZDF verstarb mit 68 Jahren – an den Folgen eines schlimmen Skiunfalls. Der frühere Judoka war ein ausgeprägter Team-Player. In der Mainzer Redaktion ebenso wie bei einer ganzen Ära der Sportler-Wahlen ab 2005. Die Aktiven waren ihm wichtig – für sie reiste er immer wieder gerne nach Baden-Baden. Ob bei den Pressekonferenzen vor der Gala oder direkt nach der Sendung den Part des Fernsehsenders zu erläutern. Und auch die „kleinen“ Sportarten fanden bei ihm Anerkennung und Raum. Seine Partner der ISK und der Lifestyle Sport Marketing schätzten die ruhige, besonnene Art von Dieter, dessen Kontakte und Netzwerke viele Hürden überwinden halfen. Er zog im Hintergrund die Fäden – präsentierte sich bei Interviews mit Entscheidungsträgern aber auch der breiten TV-Öffentlichkeit. Unter seiner Ägide nahm die ZDF-Sportredaktion zahlreiche Auszeichnungen entgegen. Die deutsche Sportfamilie hat einen ebenso engagierten wie sympathischen Fernsehjournalisten verloren.   

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Lesser-Abschied wie im Märchen

Besser, packender und emotionaler hätte es kein Hollywood-Regisseur inszenieren können: Letzte Weltcup-Station einer langen Karriere, vorletztes Rennen, bei der Siegerehrung ganz oben auf dem Treppchen und tags darauf als Vierter noch einmal im Quartett der Top-Athleten. Und das auch noch im Olymp des nordischen Skisports, am Holmenkollen. Begleitet vom royalen Händedruck von Schwedens König Harald V. Erik Lesser muss sich vorgekommen sein wie im Märchen.

Lange zuvor hatte der deutsche Biathlet angekündigt, dass er die Bretter, die für ihn die Welt bedeuten, in die Ecke stellen würde. Und dass es auch keinen Nachlader am Schießstand mehr geben würde. Doch, dass er nach der Verfolgung, seinem vorletzten Wettkampf überhaupt, noch einmal die steilen Stufen hinauf zu dem Langlauf-begeisterten Monarchen würde steigen dürfen, damit hätte wohl er selbst nicht gerechnet. Und bei ein bisschen Smalltalk ließ er es nicht bewenden. Zum Schluss bat der Sieger noch um ein gemeinsames Selfie mit seiner Majestät. Was ihm natürlich gewährt wurde.

Seit 2010 läuft der Thüringer im Weltcup, holte 2015 zwei WM-Goldmedaillen, stand bei den Olympischen Spielen dreimal auf dem Treppchen. Und gehört immer noch zu den Besten. „Ich hab‘ mir gedacht, gib alles oder enttäusch‘ alle“, fasste der 33-Jährige nach der Zieldurchfahrt zusammen, was ihm durch den Kopf ging, nachdem er als Erster den Schießstand zum letzten Mal verlassen durfte. Am Ende reichte es für seinen dritten Weltcup-Sieg. Ohne Emotionen. Zunächst. „Heute hat‘s noch mal richtig wehgetan Ich hoffe, dass ich morgen noch was im Tank habe und dann kann ich von mir aus heulen wie ein Schlosshund.“

Lesser ist Weltklasse-Athlet und soziales Vorbild gleichermaßen. Seine Popularität in Russland nutzte er nicht nur, um auf seinem Instagram-Account ein deutliches Zeichen gegen den Ukraine-Krieg zu setzen. Als sein russischer Rivale Eduard Lapitow (27) kurz vor Olympia in Oberhof positiv auf Corona getestet wurde, half er diesem mit einem Trainingsrad und mit Ausrüstung, damit er in der Quarantäne trainieren konnte. In jedem Jahr werden beim „Sportler des Jahres“ eine Athletin oder ein Athlet als „Vorbilder im Sport“ geehrt.

Wir hätten da einen Vorschlag für dieses Jahr… Und vielleicht kriegt der Saal ja dann auch das bewusste Selfie zu sehen. Das mit dem König. Wer hat sowas schon vorzuweisen! Während die gesamte internationale Biathlon-Szene den Lesser-Rücktritt bedauert. Einer, der „sich etwas traut“, meist im richtigen Moment „das Richtige sagt“. 

Bild: picture alliance

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Para-Peking: Jugendliche Medaillen-Hausse

Vier Mal Gold, acht Mal Silber und sieben Mal Bronze: Das Team Deutschland Paralympics hat bei den Winterspielen in Peking die Medaillenausbeute von 19 Podestplätzen aus PyeongChang 2018 wiederholt – obwohl sich das Team im Umbruch befindet. Eine Topfavoritin, „alte Hasen“ und Nachwuchstalente um die „Küken-WG“ sorgten für erfolgreiche Tage in China.

Die Vorzeichen waren schwierig, das Resultat umso erfreulicher: Die junge deutsche Delegation, zu über 50 Prozent Para-Debütanten und ohne die bisherigen Top-Stars wie Anna Schaffelhuber oder die verletzten Andrea Eskau und Clara Klug, begeisterte sportlich.

Anna-Lena Forster, als Vierfach-Weltmeisterin angereist, hielt dem Druck stand. Sie gewann Gold im Slalom und in der Super-Kombination sowie Silber in Abfahrt und Super-G. Auf den Platz an der Sonne katapultierte sich bei densehbehinderten Biathletinnen und Langläuferinnen Linn Kazmaier mit Guide Florian Baumann sowie Leonie Walter mit Pirmin Strecker. Die 15-jährige Kazmaier gewann zudem noch dreimal Silber und einmal Bronze. Die 18-jährige Walter, die auch bei der stimmungsvollen Abschlussfeier die Fahne tragen durfte, kehrte mit Bronzemedaillen aus Asien zurück. Die „Küken-WG“ lieferte ab, wenngleich infolge des Ausschlusses der Teams aus Russland und Belarus die Konkurrenzsituation eine andere war als zunächst angenommen.

Marco Maier, doppelt mit Silber dekoriert im Langlauf- und Biathlon-Sprint, sowie Anna-Maria Rieder (Dritte im Slalom)rundeten das Ergebnis der vielen Nachwuchstalente ab – und zogen im Freudentaumel die Erfahrenen mit, die 2014 beziehungsweise 2018 schon triumphiert hatten. Für Martin Fleig, der nach den Spielen seine Karriere beendet, reichte es noch mal zu Silber im Biathlon, Anja Wicker und Andrea Rothfuss gewannen emotionale dritte Ränge.

Und die konnten auch ordentlich gefeiert werden. Die Corona-Thematik „am wohl sichersten Ort der Welt“, wie Forster es nannte, stellte wider Erwartens kein Problem dar. Insgesamt gab es nur sechs bestätigte Fälle im „Closed Loop“. Und so nahm Rothfuss sogar das besondere Paralympics-Feeling wahr: „Gemeinsame Freude, gemeinsames Leid, das Miteinander – diese Emotionen waren hier zu spüren und davon werden die Spiele getragen, egal ob Pandemie oder nicht. Es herrschte ein tolles Flair.“

In Mailand und Cortina d‘Ampezzo 2026 hofft der Deutsche Behindertensportverband (DBS), dass wieder neue und bekannte Gesichter begeistern – und die Games in Frieden stattfinden können. Denn der Krieg beschäftigte die Teilnehmenden, nicht nur aus der Ukraine. „Fröhliche Spiele, so wie wir es aus der Vergangenheit kennen und lieben, waren das nicht. Die Medaillen der Ukraine sind auch Medaillen des Friedens. Das ist eine wichtige Botschaft, die von den Paralympics in die Welt geht“, so DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher.

Bild: Mika Volkmann/DBS

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Anna-Lena Forster: Pe-Queen von Peking

Pe-King? Pe-Queen! Anna-Lena Forster hat am letzten Wettkampftag der alpinen Skifahrerinnen bei den Paralympics in Peking nach zwei Mal Silber auch ihr zweites Gold gewonnen – jenes, das ihr im Vorfeld der Spiele am wichtigsten war.

Sie war als viermalige Weltmeisterin die große Favoritin für die Winterspiele in Peking, die Vision von fünf Goldmedaillen machte die Runde. Doch Anna-Lena war nicht müde geworden zu betonen, dass in Lillehammer bei der WM EndeJanuar ihre Konkurrentinnen gefehlt hatten – und ein solcher Erfolg nur schwer wiederholbar sein würde. Aber – und auch das war ihr immer wichtig – sie habe schon den Anspruch, Gold zu gewinnen, vor allem in der Super-Kombination und im Slalom, ihren wichtigsten Disziplinen, so wie 2018 in PyeongChang.

Als sie dann am Samstag ihren zweiten Slalom-Lauf ins Zielbrachte, ihr letztes Rennen in Yanqing, spürte man, welche Last von ihr abfiel. „Ich hatte nach der WM schon ein paar harte Tage, wo ich gemerkt habe, dass der Fokus für die Paralympics auf mir liegt. Aber ich habe da ganz gut mit meiner Mentaltrainerin gearbeitet“, sagte die 26-Jährige, die in Freiburg wohnt und für den BRSV Radolfzell startet: „Ich wollte in diesen Paralympics-Flow reinkommen.“

Mit Gold in der Super-Kombination und im Slalom, Silber im Super-G und in der Abfahrt sowie einem vierten Platz im Riesenslalom war Fahnenträgerin Forster nun als Gesicht des deutschen Teams auch gleichzeitig dessen erfolgreichste Athletin. Bundestrainer Justus Wolf sah, dass Forster „vor allem die Erwartungen an sich selbst erfüllt hat. Es war ihr wichtig, dass sie diesen Slalom-Titel verteidigt.“ Forster ergänzte: „Nach der Weltmeisterschaft habe ich mir schon viel erhofft. Dass es so aufgeht, muss auch erstmal klappen.“

Doch die letzte Goldmedaille von Peking war wie die erste in der Kombi, als sie 6,07 Sekunden Rückstand aus dem Super-G im Slalom aufholte, harte Arbeit – mit einem guten Ende und 2,32 Sekunden Vorsprung: „Für mich persönlich war das super wichtig, weil Slalom meine Disziplin ist. Wenn ich daheim bin, wird sich das erstmal alles setzen. Ich bin schonunheimlich stolz.“

Nach einer Feier im Dorf konnte Forster es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen: „Freunde und Familie wiedersehen, mich mit ihnen zusammen freuen. Die sind nachts immer aufgestanden und haben es angeguckt, das ist mir total viel wert. Die werden alle happy sein, dass ich das nochmal schaffen konnte. Ich habe ihnen ein ganz gutes Geschenk beschert.“

Und noch ein Gutes hatte der Erfolg für Forster: „Ich habe jetzt vier davon“, sagt sie und zeigt auf „Shuey Rhon Rhon“, der einem chinesischen Laternenkind nachempfunden ist: „Also mit Maskottchen bin ich ausgestattet.“

Bild: Mika Volkmann / DBS

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„Küken“ Linn: Purzelbaum ins Gold-Glück

„Echte Linngucker“, „Linn-Win-Situation“, „Absoluter Wahn-Linn“ – es schien, als hätte das Team D nur auf Linn Kazmaier gewartet, um die Medaillensprüche auf ein neues Level zu heben – und um „Linn und weg“ zu sein von der Leistung der 15-Jährigen.

Die jüngste deutsche und die zweitjüngste Athletin überhaupt bei den Paralympics in Peking schlug vor Freude über die starken Wettkampftage, die sie mit ihrem Guide Florian Baumann in Zhangjiakou hatte, erstmal einen Purzelbaum im Zielraum. Sie habe von einer Medaille geträumt, „irgendwann mal mit 20 oder so.“ Aber dass es jetzt in fünf Rennen drei Silber-, eine Bronze- und zum Abschluss noch eine Goldmedaille im Para Langlauf und Para Biathlon wurden, „damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.“

Kazmaier, die wegen einer angeborenen Zapfendystrophie und einem Nystagmus nur verschwommene, wackelnde Bildersieht und immer eine Sonnenbrille tragen muss, ist ein echtes Juwel. Nicht nur im Wintersport, sondern auch in der Para Leichtathletik. Schon bei der WM in Lillehammer im Januar ließ sie aufhorchen. Als Sechste im Para Biathlon-Sprint und auf der Mitteldistanz musste sie jeweils nur fünf Athletinnen aus Russland den Vortritt lassen. Doch dass sie als beste Nicht-Russin der WM nach deren Ausschluss auch in Peking triumphieren würde, konnte anhand der starken Konkurrenz nicht geschlussfolgert werden – aber eben auch nicht ausgeschlossen. „Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein“, hatte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher nach Kazmaiers erster Medaille frohlockt: „Was steckt in diesem Mädchen für eine Kraft, ein Wille und auch ein Naturtalent.“

Mit acht Jahren stand Kazmaier erstmals auf Langlauf-Ski. Mit 15 Jahren und vier Monaten ist sie die jüngste deutsche Medaillengewinnerin bei Winterspielen. Es wäre „kein Beinbruch“ gewesen, wenn es kein Gold geworden wäre, sagte Kazmaier, nachdem sie über 10 Kilometer in der freien Technik mit Baumann der immer stärker nachlassenden Konkurrenz davongezogen war: „Ich bin noch so jung und habe so viel Zeit.“ 39,5 Sekunden Vorsprung im Ziel waren dann deutlich – auch weil die Renntaktik aufging: „Es war mit dem langsamen Schnee viel extremer, kräftezehrender. Wir haben die Chinesin kontinuierlich eingeholt, dann überholt und das war das Erfolgsrezept.“

Kazmaier, das ließ sie durchblicken, findet alles noch „krass und unwirklich“. Tage mit Medaillen seien stressig, überforderten sie aber nicht. In all dem Trubel war der „akribischen und disziplinierten“ Athletin, die „immer cool bleibt“, wie Baumann sagt, auch ihr Guide wichtig. "Er kann sich sehr gut in Menschen reinversetzen und weiß, was ich brauche“, sagt sie über Baumann, der bei den Spielen selbst erst 21 wurde: „Er kann mich sehr gut motivieren, das hört man in der letzten Runde immer.“

Bild: Ralf Kuckuck / DBS

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Rothfuss‘ Bronze-Coup „erzählt eine Lebensgeschichte“

Immer wieder schloss Andrea Rothfuss die Augen, atmete tief durch und blickte ungläubig und kopfschüttelnd ihre Bronzemedaille an: „Diese Medaille ist hat die größte Bedeutung für mich, sie ist mir am meisten wert. Sie ist die beste und die schönste.“ Dazu muss man wissen: Rothfuss ist zum fünften Mal dabei, war 2014 in Sotschi Paralympicssiegerin und hatte vor dem heutigen Tag Gold, neun Mal Silber und drei Mal Bronze bei Winterspielen gewonnen. Der dritte Platz in ihrer Lieblingsdisziplin Riesenslalom hat dennoch eine andere Dimension –weil sie selbst nicht daran geglaubt hatte, nachdem sie im Januar bei der Weltmeisterschaft erstmals in ihrer Karriere ohne Podestplatz geblieben war. „Ich wusste um die starke Konkurrenz. Für mich war es ein Ding der Unmöglichkeit. Jetzt hier zu stehen und das Unmögliche geschafft zu haben, ich raffe es noch nicht so ganz“, sagte die fünfmalige Weltmeisterin: „Es ist einfach geil, mir diesen Traum erfüllt zu haben. Ich bin 32 Jahre, nehme seit 16 Jahren und damit die Hälfte meines Lebens an Paralympics teil. Es ist eine Lebensgeschichte, die diese Medaille erzählt.“

Nach dem ersten Lauf hatte Rothfuss noch 1,38 Sekunden Rückstand aufs Podest. Im zweiten legte sie die zweitbeste Zeit hin und verbesserte sich auf Rang drei. Geholfen haben Rothfuss vor allem positive Gedanken. „Alle haben immer gesagt, ich werde hier eine Medaille holen. Ich selbst nicht. Aber ich bin davon überzeugt, dass nach jedem Tief ein Hoch kommt. Im Riesenslalom fühle ich mich wohl. Es ging nicht darum, Spaß zu haben, sondern nur darum, den Arsch zu bewegen und laufen zu lassen.“

Und ungeachtet dessen, dass am nächsten Morgen der Wecker wieder um 5 Uhr früh zum abschließenden Slalom klingeln würde, wollte sich Rothfuss den Moment auf der Medals Plaza in Yanqing „gönnen“. Ihr Team jubelte ihr zu und sie war happy: „Ich genieße es, dass ich das nochmal erleben darf“.

 Bild: Mika Volkmann/DBS

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„Coole Socke“ Leonie Walter gewinnt Biathlon-Gold

Gold für Leonie Walter mit Guide Pirmin Strecker, Silber für Martin Fleig und Bronze für Anja Wicker: Das deutsche Para Ski nordisch-Team gewann über die mittlere Biathlon-Distanz einen ganzen Medaillensatz.

 Es war ein Krimi, der sich im Biathlon-Stadion von Zhangjiakou abspielte: Nach dem ersten Schießen lag Leonie Walter mit ihrem Guide Pirmin Strecker auf Rang drei – 41,2 Sekunden hinter der ukrainischen Favoritin Olga Shyshkova, immerhin vierfache Paralympics-Siegerin. Die 18-Jährige Walter hatte im Biathlon-Sprint und im Klassik-Langlauf über 15 Kilometer schon Bronze gewonnen. Über 10 km war klar, dass sie vier fehlerfreie Einlagen brauchen würde, um es nach ganz vorne schaffen zu können – und die lieferte die „coole Socke“, wie Bundestrainer Ralf Rombach sie nach ihrem größten Triumph nannte.

17 Sekunden Vorsprung hatte die sehbehinderte Schülerin, als sie den Schießstand zum letzten Mal verließ. 6,8 Sekunden blieben ihr ein Kilometer vor dem Ziel. Walter gab – angefeuert von Strecker - noch mal alles. „Wir wussten, dass es wirklich knapp war und wir Vollgas geben mussten. Deshalb habe ich sie so angefeuert, damit sie alles rausholt. Sie hat die letzten zwei Kilometer Vollgas durchgepowert“, lobte sie der Guide. Dann begann das Zittern. „Ich lag im Ziel, hab gewartet und wusste nicht, ob es gereicht hat. Irgendwann sind alle aufgesprungen, dann war mir klar: Ok, ich hab‘s“, freute sich die 18-Jährige und ergänzte: „Mit einem fehlerfreien Schießen hat man einen Bonus, dann läuft es einfacher.“

Vorher hatten Martin Fleig und Anja Wicker Silber und Bronze gewonnen. Die Biathlon-Paralympics-Sieger von 2018 beziehungsweise 2014 strahlten anschließend um die Wette. Fleig startete mit zwei Fehlern zwar denkbar schlecht in den Wettkampf, in Runde zwei „ist bei mir der Knoten geplatzt“. Drei fehlerfreie Einlagen später jubelte er über seine erhoffte Medaille, die er am Weltfrauentag seiner Frau widmete. Wicker schoss fünf Fehler, war aber läuferisch top drauf und „in der letzten Runde immer noch nicht müde. Da macht es gleich mehr Spaß.“ Damit ergatterte das Para Ski nordisch Team nach vier Wettkampftagen eine Gold-, vier Silber- und drei Bronzemedaillen – weit mehr als erwartet. Fleig brachte es auf den Punkt, was alle denken: „Ich war schon vor heute stolz wie Harry auf unser Team.“

 Bild: Mika Volkmann/DBS

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„Heute ist Gold-Tag“: Emotionale Achterbahn­fahrt für Forster

Ein nicht mehr für möglich gehaltener Sieg für Anna-Lena Forster in der Super-Kombination und ein zweiter und dritter Platz im Langlauf über 15 Kilometer klassisch – am dritten Wettkampftag bejubelte das deutsche Team einen ganzen Medaillensatz.

Anna-Lena Forster wusste nicht, wohin mit ihren Emotionen. „Ich habe nicht mal eine Ahnung, was für ein Tag heute ist“, sagte die Monoskifahrerin, die in der Super-Kombination zum ersten deutschen Gold der Paralympics in Peking tanzte – und lachte laut und herzlich. Das war nicht selbstverständlich, denn am Vormittag waren der deutschen Fahnenträgerin bittere Tränen der Enttäuschung über die Wangen gekullert.

6,07 Sekunden Rückstand auf die japanische Dominatorin Muraoka und nur Platz vier nach dem Super-G waren für Forster ein Schock. Sie, die Paralympics-Siegerin von 2018 und Weltmeisterin, wollte diese Goldmedaille, die plötzlich so weit entfernt schien. Bundestrainer Justus Wolf glaubte weiter daran, er baute sie auf, ließ sie Slalom trainieren, auf andere Gedanken kommen, sprach ihr Mut zu. Aber Forster? „Ich dachte mir: red‘ du nur, das wird eh nix.“

Im Nachhinein war es für Forster, die in den vergangenen Monaten viel Mental-Training bedtrieb, genau der richtige Weg. Im Slalom war sie voll da und konnte sogar noch einen kleinen Fehler im Schlusshang verkraften. 0,77 Sekunden Vorsprung auf Muraoka – ihre erste Peking-Goldmedaille! "Es ist verrückt. Ich weiß, dass ich im Slalom gut bin. Aber dass ich über sechs Sekunden aufholen kann, hätte ich niemals gedacht“, sagte die 26-Jährige: „Es war eine Achterbahn der Gefühle. Jetzt bin ich so durchwühlt, dass ich gar nicht weiß, was ich denken soll. Für mich war ein Ausfall von ihr die einzige Chance. Doch noch Gold zu holen, war so emotional und auch erleichternd, weil viel Druck von außen kam.“

Nach Silber in Abfahrt und Super-G hat Forster nun schon drei Medaillen in Peking – und im Riesenslalom und Slalom beste Chancen auf weitere. Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands, Friedhelm Julius Beucher, half ihr dann beim Gratulieren sogar mit dem Wochentag auf die Sprünge: „Leni, heute ist Gold-Tag.“

Nächste Medaillen für Kazmaier und Walter

 Im Para Langlauf über 15 Kilometer klassisch feierten die 15-jährige Linn Kazmaier und die 18-jährige Leonie Walter ihre jeweils zweiten Medaillen. Mit den Guides Florian Baumann und Pirmin Strecker zeigten beide ein starkes Rennen. „Irgendwann auf der letzten Runde habe ich gedacht: Die Silbermedaille gebe ich jetzt nicht mehr her“, sagte Kazmaier, die jüngste deutsche Athletin – und ihre erneut mit Bronze dekorierte Zimmerkollegin war im Kopf schon beim nächsten Wettkampf: „So kann es weitergehen.“

Bild: Mika Volkmann / DBS

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Glänzende Para-Fahnen­trägerin und starker Biathlon-Nach­wuchs

Die deutsche Fahnenträgerin fluchte und freute sich dann doch, ihr männliches Pendant ballte im Ziel die Faust und sah mit an, wie der deutsche Para Biathlon-Nachwuchs einen fast perfekten Start in die Paralympics in Peking bejubelte. Anna-Lena Forster, Martin Fleig und dem Team Deutschland Paralympics fehlte zum ganz großen sportlichen Glück am Auftakt-Wochenende nur die Goldmedaille.

Zwei Silbermedaillen nach der Abfahrt und im Super-G: Monoskifahrerin Anna-Lena Forster konnte zufrieden sein. Doch als die Japanerin Momoka Muraoka auch im Super-G vor sie fuhr – mit nur elf Hundertstelsekunden Vorsprung – ärgerte sie sich kurz. „Es war so knapp, ich hätte besser fahren können“, sagte die Vierfach-Weltmeisterin von Lillehammer im Januar. Doch während in Norwegen Konkurrenz fehlte, ist die jetzt da – und das mache „viel mehr Spaß. Es ist extrem eng und spannend.“ Und dann ist Doppel-Silber „doch auch cool.“

Am Samstag hatte Forster mit fünf Stunden Schlaf nach der Eröffnungsfeier das erste deutsche Edelmetall in der anspruchsvollen Abfahrt gewonnen. Anschließend drangen langsam die News aus Zhangjiakou in den Alpin-Ort Yanqing durch – im Biathlon-Sprint schien sich die erste Überraschung anzubahnen. Marco Maier, Paralympics-Debütant und am Samstag fehlerfreier Schütze, sprintete zu Silber. „Die Medaille bedeutet mir alles“, sagte der 22-Jährige, der nach einem Protest noch zittern musste, am Ende um eine Disqualifikation aber herumkam und sich freuen durfte.

„Was Marco gegen die Konkurrenten von Weltniveau gezeigt hat, war überragend“, sagte Bundestrainer Ralf Rombach, der anschließend noch mehr staunte. Denn seine beiden jüngsten Athletinnen, die 15-jährige Linn Kazmaier und die 18-jährige Leonie Walter, liefen mit je einem Fehler mit ihren Guides Florian Baumann und Pirmin Strecker zu Silber und Bronze. „Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung haben wir uns schon etwas ausgerechnet“, sagte Rombach mit Hinweis auf den Ausschluss der belarussischen und russischen Mannschaft: „Dass es so gut läuft, war aber nicht zu erwarten gewesen.“

Und so gab es vier Silber- und eine Bronzemedaille am ersten Paralympics-Wochenende für eine junge deutsche Mannschaft, die auch abseits der Rennstrecken und Loipen von sich reden machte. Als Zeichen der Solidarität und dem Gedenken an die Opfer in der Ukraine setzten die DBS-Vertreter beim Einlaufen ins Stadion bei der Eröffnungsfeier ihre Mützen ab, zeigten das Peace-Zeichen und hielten kurz inne. Mit dem ukrainischen Team stand die Delegation stets in Kontakt und freute sich mit, als das Gold vor Maier ausgerechnet an den Ukrainer Grygorii Vovchynskyi ging – „für den Frieden in der Ukraine, für die Menschen in der Ukraine und für eine Welt ohne Krieg“, wie er unter Tränen sagte.

Bild: picture alliance

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Monoskifahrerin Forster als deutsche Paralympics-Hoffnung

Als „junges Team im Umbruch“ betitelt das Team Deutschland Paralympics seine 17 Athletinnen und Athleten sowie fünf Guides, die bei den Paralympischen Winterspielen in Peking im Para Ski Alpin, Para Langlauf, Para Biathlon und Para Snowboard starten werden. Beste Medaillenchancen haben Monoskifahrerin Anna-Lena Forster sowie Anja Wicker und Martin Fleig, die schon Paralympics-Gold im Biathlon gewinnen konnten.

Sieben Athletinnen und Athleten sind 22 Jahre oder jünger, neun geben ihr Paralympics-Debüt, die jüngste Teilnehmerin wird die 15-jährige Langläuferin und Biathletin Linn Kazmaier sein. Erfahrung bringen ins junge deutsche Team nur wenige Athleten, selbst Alexander Ehler, mit 52 Jahren der älteste, ist nach PyeongChang 2018 erst zum zweiten Mal dabei. Und so ist Andrea Rothfuss mit fünf Paralympics-Teilnahmen und 13 Medaillen bei Winterspielen diejenige, die schon am meisten erlebt hat. Und beispielhaft dafür, wie sich der paralympische Sport entwickelt hat. Denn Rothfuss, die sonst immer reichlich mit Edelmetall dekoriert war, wäre nun mit einer Top-5-Platzierung zufrieden, weil die internationale Konkurrenz einfach zu stark geworden ist.

Nicht nur deshalb will der Deutsche Behindertensportverband die Erwartungen dämpfen – in Anna Schaffelhuber (Karriereende) sowie den verletzten Andrea Eskau und Clara Klug mit Guide Martin Härtl fehlen zudem drei Athletinnen, die 2018 zusammen elf von 19 deutschen Medaillen gewinnen konnten.

Als einzige deutsche Favoritin wird Fahnenträgerin und Monoskifahrerin Anna-Lena Forster vor den insgesamt fünf Para Ski alpin-Rennen gehandelt. Die 26-Jährige, die bei der WM in Lillehammer im Januar vier Mal Weltmeisterin wurde, will „Spaß haben und Gas geben – und eine Goldmedaille erwarte ich auch.“ Ihr Fahnenträger-Kollege Martin Fleig ist im Biathlon der sitzenden Klasse an einem optimalen Tag ebenso für eine Medaille gut wie Anja Wicker, die sich in Lillehammer wie Forster einen WM-Titel sichern konnte. Und nach dem Ausschluss der russischen Konkurrenz könnte auch der junge Langläufer Marco Maier, der direkt vor den Paralympics mit seinem ersten Weltcup-Sieg aufhorchen ließ, alle überraschen. Skifahrerin Anna-Maria Rieder im Slalom hofft ebenso wie Rothfuss im Riesenslalom darauf, es aufs Podest zu schaffen.

Fernab aller sportlichen Wünsche wird es für das deutsche Team auch darum gehen, vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und dem damit verbundenen Ausschluss der russischen und belarussischen Mannschaften, den Fokus auf die Wettkämpfe nicht zu verlieren, „denn wir lassen uns die Freude am Sport und die Präsentation der Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung nicht nehmen“, wie der DBS schreibt.

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